"Die Kunst ist eine Einladung, uns im Land der Verkehrtheit zu amüsieren."
Kathryn Schulz, amerikanische Schriftstellerin, aus ihrem Buch BEING WRONG
Seit Februar 2017 spielten und quatschten, malten und probierten wir in der Theaterwerkstatt Quakenbrück für das Theaterspiel SO RICHTIG FALSCH, ein Stück aus vielen Stücken für alle, die Spaß am wahrlich verkehrten Leben haben. Wir, das sind 15 richtige Menschen und die Regisseurinnen Heidi Vollprecht und Aishe Spalthoff sowie die Göttinger Autorin Nicola Bongard. Am 14. Oktober zeigten wir unser Stück(Werk) dann zum ersten Mal einem Publikum. Und am 21. geht es zum letzten Mal über die Bühne der Theaterwerkstatt Quakenbrück.
Wenn ihr vorbei kommt, seht ihr, wie wir aus unseren Rollen und auf das ein oder andere herein fallen. Wir rocken dann wieder einen Fantasie-Strand und erzählen Märchen, fangen wilde Elfchen ein und halten Ausreden, stellen Fragen und beantworten sie nicht. Wenn Romy vor Julians Balkon schwärmt und Ron Weasley aus Versehen "ihr wisst schon wen" bezwingt, wenn uns Gedanken weg- und Gedichte zulaufen, wenn wir uns der Herausforderung stellen und dem Publikum den Rücken bieten - dann ist alles auf eine richtige Art und Weise falsch - oder auf eine ganz schön falsche Art doch richtig. Und am Ende applaudieren wir den Zuschauerinnen und Zuschauern, ganz einfach, weil sie gekommen sind, weil sie da waren, wo sie hingehören: zu uns!
Fotos: Ingvar Vollprecht
Die Autorin Kathryn Schulz meint, dass unsere Fähigkeit, uns zu irren, und unsere Fantasie dieselbe Quelle haben: unser Vermögen, die Welt so zu sehen, wie sie nicht ist. Im einen Fall folgt daraus ein Irrtum: Wir halten etwas für wahr, das falsch ist, oder anders herum; wir scheitern daran, die Welt so zu erkennen, wie sie ist. Im anderen Fall folgt daraus ein Gedicht, ein Gemälde. Schulz schreibt in ihrem Buch Being Wrong: "Die Kunst ist eine Einladung, uns im Land der Verkehrtheit zu amüsieren." Wer will da noch jeden Fehler vermeiden?
in Kooperation mit INVIA Quakenbrück
AUSFLUG NACH QUERBRÜCK - Wie alles beginnt...
Es war einmal in einem sehr kleinen Dorf namens Querbrück links von der Stadt. Hier lebten Menschen, die anders waren als die meisten anderen. Vor allem waren sie sehr anders als die Menschen aus dem Dorf Normbrück, welches auf der rechten Seite der Stadt lag. Da war niemand anders als andere. Obwohl, naja, vielleicht doch: Die Normbrücker hatten viel Fantasie, das musste man ihnen lassen. Anders als in Querbrück, herrschte in Normbrück ein strenger Dorfbürgermeister. Der achtete auf die Einhaltung von Regeln. Er achtete peinlich genau darauf, dass alles mit rechten Dingen zuging. Wie man sich denken kann, fielen die Normbrücker nicht weiter auf. Ihre Kleider waren gebügelt, die Haare gewaschen und gescheitelt, kleine Mädchen trugen pinke Schuhe und kleine Jungs spielten nachmittags Fußball. Große Mädchen trugen pinken Nagellack und große Jungen spielten oft Fußball. Frauen fuhren mit roten Autos zur Arbeit und die Männer sahen Fußball. Der Bus fuhr pünktlich, alle gingen einer geregelten Arbeit nach und abends stand das Auto in der Garage. In die passte es gut hinein, denn dort gab es nichts als Platz für das Auto. Jeder hatte sein Normalgewicht, und wenn ein Kind eine fünf in Mathe hatte, schimpften die Eltern und das Kind schämte sich. Man trug hier ganz normale Klamotten in unauffälligen Farben. Alle trugen hier eine Uhr, die ging. So weit so normal.
Die Normbrücker hatten eine große Sehnsucht. Sie klopfte sanft und doch wild immer wieder an ihren Hinterkopf. Einmal wollten sie auf die linke Seite der Stadt, einmal wollten sie nach Querbrück. Nur mal so gucken. Es hieß, hier sei man immer zu spät und schlüge sich gegenseitig deshalb wechselseitig auf die Schulter. Wenn es gewitterte feierte man hier angeblich Gartenfeste. Bei Sonnenschein ging man ins Kino oder las gemütlich ein Buch nicht zuende. Danach freute man sich schon auf den nächsten Sonnentag, um drin zu bleiben.
Man munkelte, dass in Querbrück die Autos offen und mit gestecktem Schlüssel in der Gegend herum stünden. Die Lehrer lobten die Kinder, die die dicksten Fehler machten. Man probte hier im Unterwassserchor und man tanzte Freitag Abend in der Notaufnahme des Krankenhauses. Einmal im Jahr gäbe es in Querbrück den Normbrücker-Tag. Das machte die Norbrücker natürlich ganz besonders neugierig. Was konnte das sein?
Die Querbrücker wussten also von Normbrück. Was an dem Normbrücker-Tag in Querbrück passierte?An diesem Tag wusch und scheitelte man sich die Haare und zog sich unauffällig an. Das allein war schon zum Brüllen und letztlich der Grund, warum die Querbrücker sich das ganze Jahr auf diesen Tag freuten. Für die Teenager war es dann eine Mutprobe, geduscht und pünktlich in der Schule zu erscheinen. Den Erwachsenen war es etwas peinlich, ihr Auto vor dem Haus zu parken und um 13 Uhr das Essen für ihre Kinder auf den Tisch zu stellen. Zugleich kringelten sie sich deshalb vor Lachen. Alle freuten sich auch auf die traditionelle Theatervorstellung. Denn die Kinder dachten sich an diesem Tag im ungewohnt ehrgeizigen Eiltempo Sketche oder Songs aus, um sie dann abends auf der kleinen Bühne des winzigen Theater zu zeigen. Sie taten dann so, als wären sie Kinder aus Normbrück, die ein Stück über Querbrück aufführten. Oder war es umgekehrt? Da kommt man ja ganz durcheinander. Egal. Hauptsache es machte Spaß. Die Schafe allerdings fanden sehr doof, dass sie am Normbrücker Tag das Theater verlassen mussten, in dem sie das Jahr über immer Harry Potter-Hörspiele hörten. Eines Querbrücker-Tages aber stand plötzlich ein Reisebus aus Normbrück am Busbahnhof. Darin saß tatsächlich eine Reisgruppe aus Normbrück, die nicht mehr wusste, ob sie (hier) richtig war, alles sah aus wie bei ihnen zuhause.Waren sie hier falsch? Schüchtern, neugierig und auch ein bisschen kritisch stiegen sie aus dem Bus. Irgendwie fühle sich das hier so richtig falsch an, fruchtbar nett. Ja, und dann stand plötzlich ein elfenartig aussehendes Mädchen, schnekte Kaffee aus und sagte auf unwiderstehliche Art: Willkommen! Kommt mit! Ja, und da folgten sie der Elfe zu einer hell erleuchteten Tür. Die Tür schien zu so etwas wie einem Theater zu gehören, wenngleich das eigentlich nicht sein konnte, denn draußen vor der Tür standen jede Menge Schafe im Schlafanzug herumstanden und irgendwie beleidigt guckten....
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