Ein Samstagvormittag im September, in der Theaterwerkstatt. Alle sind irgendwo verteilt. Aus dem Büro hört man Ukulelenklänge, Lea übt ihren Song und Carla begleitet sie. Dazwischen sortiert Ida Kostüme für den No-Go-Catwalk. Hinter dem Vorhang sind auch Melek und Miriam, sie lernen ihren Text: „die zehn Erlaubnisse“ und die Elfchengedichte. Rike, Samuel und Justus proben in einem anderen Raum eine Agentenszene. Samar übt ihre Tanzschritte, die anderen wiederholen Texte. Auf der Bühne sitzt Jan auf einer Leiter, die ist noch der provisorische Balkon von Julian, dem Geliebten von Romy. Und unten schmachtet diese – Moment, Julian auf dem Balkon, nicht Julia? Das ist doch falsch! Richtig. Dann treffen sich alle auf der Bühne. Wo ist meine Badekappe? Und wo ist eigentlich Tanja? Alle da? Ja, alle da! Auf Position für's richtig falsche Tanzen! Seid ihr bereit? Los geht’s!
Wir stehen kurz vor der Premiere.
Für einige ist es bereits die vierte Produktion in der Theaterwerkstatt Quakenbrück, andere stehen das allererste Mal in ihrem Leben auf der Bühne. Und in etwa zwei Wochen werden sie gemeinsam im Scheinwerferlicht stehen.
Für gewöhnlich herrscht Arbeitsteilung im Theater, die einen schreiben das Theaterstück oder haben es schon vor vielen, vielen Jahren geschrieben – die anderen spielen das Stück? Aber was ist, wenn auf einmal Schauspielende, die Ideengeber und -geberinnen werden? Ist es dann falsch, genau richtig oder so richtig falsch? Das integrative Mehrgenerationen-Projekt der Theaterwerkstatt Quakenbrück stellt Theater von Anfang an auf die Füße, auch wenn sie in Tennissocken und Pumps stecken. Die Regisseurinnen Heidi Vollprecht und Aishe Spalthoff spüren schon hier und da den Endprobenstress, aber auch die gute Aufregung, das Kribbeln, wenn etwas endlich gelungen ist, die Neugier auf das immer wieder andere, neue, bessere Spiel der Mitwirkenden. Das Theaterstück besteht genau genommen aus vielen kleinen Stückchen. Ein wohl komponiertes Chaos, ein gebanntes Stückwerk
ist es geworden. Die Göttinger Autorin Nico hat die vielen Elemente zu einem Bühnenspiel zusammengeführt. Ein Dreivierteljahr ist inzwischen vergangen. In dieser Zeit ist nicht nur das Stück gewachsen, sondern auch die vielfältigen und sehr unterschiedlichen Menschen, die darin eine Rolle spielen. Sie haben miteinander vor und hinter die Dinge geblickt, Wahrheiten und Regeln hinterfragt, Klischees und Traditionen und deren Grauzonen erkundet. Sie haben aber auch gelernt, einander zuzuhören und sich auszusprechen, als Gruppe zu arbeiten als auch individuell zu bleiben. Und haben erfahren, wieviel Spaß das macht.
Das ebenso alberne wie nachdenkliche, freche wie chaotische, bunt zusammen gewürfelte wie lebendige Stück(werk) Theater ist ein Haken schlagendes, ver-rücktes
Experiment. Es lässt die Zuschauenden im besten Fall aber auch mitfühlen und nachdenken, rätseln und lachen. Die zusammenhängende Geschichte, die der Improvisationen und der Szenen auf
der Probebühne, gibt es nur hinter der Bühne, sie ist der heimliche Star des Abends. Da wo die strikte Trennung von vor und hinter der Bühne, von Ideengebern, Schreibenden, Aufführenden
und auch Zuschauenden immer wieder auch aufgehoben wurde, entsteht logischerweise kein Theaterstück im herkömmlichen, gewohnten Sinne. Aber plötzlich Theater mitten in der Welt. Richtig
so.
SZENENABFOLGE
Publikumsspiegel I
Märchen und Little Boxes
Der Anfang ist nah/Im too sexy....
Rimini
Elfchen
Lampenfieberambulanz
Nachgefragt
Die Elfchen sind frei
Ja, Sir I
Publikumsspiegel II
Nichts und alles was ich liebe
No Go Catwalk
Bad Moves
Film
Nachgefragt
Agent P macht einen Fehler
Ja, Sir II
Publikumsspiegel III
Stuhlgang I
Vorwürfe
Elfchen
Jeden Morgen
Trotzdem
Mach!
Den Stuhl richtig hinstellen
Du darfst/Du sollst
I don't now my name
KIK
Publikumsspiegel IV
Romy und Julian
Eine Frage
Sprayer
Aus Versehen gerettet oder Voldemort
Little Boxes
The End
in Kooperation mit INVIA Quakenbrück
AUSFLUG NACH QUERBRÜCK - Wie alles beginnt...
Es war einmal in einem sehr kleinen Dorf namens Querbrück links von der Stadt. Hier lebten Menschen, die anders waren als die meisten anderen. Vor allem waren sie sehr anders als die Menschen aus dem Dorf Normbrück, welches auf der rechten Seite der Stadt lag. Da war niemand anders als andere. Obwohl, naja, vielleicht doch: Die Normbrücker hatten viel Fantasie, das musste man ihnen lassen. Anders als in Querbrück, herrschte in Normbrück ein strenger Dorfbürgermeister. Der achtete auf die Einhaltung von Regeln. Er achtete peinlich genau darauf, dass alles mit rechten Dingen zuging. Wie man sich denken kann, fielen die Normbrücker nicht weiter auf. Ihre Kleider waren gebügelt, die Haare gewaschen und gescheitelt, kleine Mädchen trugen pinke Schuhe und kleine Jungs spielten nachmittags Fußball. Große Mädchen trugen pinken Nagellack und große Jungen spielten oft Fußball. Frauen fuhren mit roten Autos zur Arbeit und die Männer sahen Fußball. Der Bus fuhr pünktlich, alle gingen einer geregelten Arbeit nach und abends stand das Auto in der Garage. In die passte es gut hinein, denn dort gab es nichts als Platz für das Auto. Jeder hatte sein Normalgewicht, und wenn ein Kind eine fünf in Mathe hatte, schimpften die Eltern und das Kind schämte sich. Man trug hier ganz normale Klamotten in unauffälligen Farben. Alle trugen hier eine Uhr, die ging. So weit so normal.
Die Normbrücker hatten eine große Sehnsucht. Sie klopfte sanft und doch wild immer wieder an ihren Hinterkopf. Einmal wollten sie auf die linke Seite der Stadt, einmal wollten sie nach Querbrück. Nur mal so gucken. Es hieß, hier sei man immer zu spät und schlüge sich gegenseitig deshalb wechselseitig auf die Schulter. Wenn es gewitterte feierte man hier angeblich Gartenfeste. Bei Sonnenschein ging man ins Kino oder las gemütlich ein Buch nicht zuende. Danach freute man sich schon auf den nächsten Sonnentag, um drin zu bleiben.
Man munkelte, dass in Querbrück die Autos offen und mit gestecktem Schlüssel in der Gegend herum stünden. Die Lehrer lobten die Kinder, die die dicksten Fehler machten. Man probte hier im Unterwassserchor und man tanzte Freitag Abend in der Notaufnahme des Krankenhauses. Einmal im Jahr gäbe es in Querbrück den Normbrücker-Tag. Das machte die Norbrücker natürlich ganz besonders neugierig. Was konnte das sein?
Die Querbrücker wussten also von Normbrück. Was an dem Normbrücker-Tag in Querbrück passierte?An diesem Tag wusch und scheitelte man sich die Haare und zog sich unauffällig an. Das allein war schon zum Brüllen und letztlich der Grund, warum die Querbrücker sich das ganze Jahr auf diesen Tag freuten. Für die Teenager war es dann eine Mutprobe, geduscht und pünktlich in der Schule zu erscheinen. Den Erwachsenen war es etwas peinlich, ihr Auto vor dem Haus zu parken und um 13 Uhr das Essen für ihre Kinder auf den Tisch zu stellen. Zugleich kringelten sie sich deshalb vor Lachen. Alle freuten sich auch auf die traditionelle Theatervorstellung. Denn die Kinder dachten sich an diesem Tag im ungewohnt ehrgeizigen Eiltempo Sketche oder Songs aus, um sie dann abends auf der kleinen Bühne des winzigen Theater zu zeigen. Sie taten dann so, als wären sie Kinder aus Normbrück, die ein Stück über Querbrück aufführten. Oder war es umgekehrt? Da kommt man ja ganz durcheinander. Egal. Hauptsache es machte Spaß. Die Schafe allerdings fanden sehr doof, dass sie am Normbrücker Tag das Theater verlassen mussten, in dem sie das Jahr über immer Harry Potter-Hörspiele hörten. Eines Querbrücker-Tages aber stand plötzlich ein Reisebus aus Normbrück am Busbahnhof. Darin saß tatsächlich eine Reisgruppe aus Normbrück, die nicht mehr wusste, ob sie (hier) richtig war, alles sah aus wie bei ihnen zuhause.Waren sie hier falsch? Schüchtern, neugierig und auch ein bisschen kritisch stiegen sie aus dem Bus. Irgendwie fühle sich das hier so richtig falsch an, fruchtbar nett. Ja, und dann stand plötzlich ein elfenartig aussehendes Mädchen, schnekte Kaffee aus und sagte auf unwiderstehliche Art: Willkommen! Kommt mit! Ja, und da folgten sie der Elfe zu einer hell erleuchteten Tür. Die Tür schien zu so etwas wie einem Theater zu gehören, wenngleich das eigentlich nicht sein konnte, denn draußen vor der Tür standen jede Menge Schafe im Schlafanzug herumstanden und irgendwie beleidigt guckten....
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